Die geplante Einbeziehung der Partikelzahlen in die EU-Abgasgesetzgebung (siehe Tabelle 1) folgt dem toxikologischen Erkenntnisgang der letzten Jahre. Allerdings scheint die toxikologische Bewertung bereits einen Schritt weiter zu sein. Wie E. Karg vom Münchener Helmholtz-Zentrum ausführte, zeigten wegweisende Veröffentlichungen von Stoeger und Oberdörster, dass die Entzündungsantwort nach der Exposition gegenüber synthetischen Partikeln fast doppelt so gut mit der Oberfläche korreliert wie mit der Partikelzahl. Das war die Motivation für Karg et al., ein Verfahren für die Bestimmung von Partikeloberflächen zu entwickeln.
Für die toxikologische Wirkung von Dieselruß ist wesentlich die adsorbierte Schicht von Kohlenwasserstoffen verantwortlich. Hierbei handelt es sich großenteils um polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH). Der Bildungsmechanismus dieser komplexen Stoffgruppe wurde von M. Kraft (Cambridge) diskutiert.
A. Peters (München) fasste die bisher verfügbaren epidemiologischen Studien zur Wirkung von Feinstaub zusammen. Verkehrsemissionen sind danach für zusätzliche Sterblichkeit als Folge von Herzkreislauferkrankungen und Arteriosklerose verantwortlich. Sie sind darüber hinaus beteiligt an der Entwicklung und Ausprägung von Allergien. Positive Effekte sind deshalb nach Einrichtung von Umweltzonen zu erwarten, die größer ausfallen dürften als aufgrund des Rückgangs an PM10 zu erwarten. In der anschließenden Diskussion ging es um die oft gestellte Frage, ob die genannten gesundheitlichen Effekte nicht auch auf den Verkehrslärm zurückzuführen sein können. A. Peters merkte dazu an, dass Lärm zwar ebenso zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führe, die spezifischen Entzündungseffekte von Partikeln aber davon unterschieden werden könnten. In anderen Worten: Pathomechanistisch agieren Partikel und Lärm unabhängig von einander.
Oravisjäri (Oulu) stellt Untersuchungen zur Größenklassenfraktionierung des Depositionsverhaltens von Feinstaub in den menschlichen Atemwegen vor. Die Daten berücksichtigen den Einfluss des Geschlechts und der körperlichen Aktivität.
L. Müller (Bern) bestimmte die Toxizität der Emissionen von Motorrollern in Versuchen mit menschlichen Bronchialepithelzellen. Hierbei wurde der oxidative Stress anhand von DNA-Beschädigungen nachgewiesen. Ein positiver Effekt der Abgasnachbehandlung zeigte sich bei den oxidativen Beschädigungen und bei Entzündungseffekten, nicht aber bei der Zytotoxizität. Interessanterweise führt auch die gegenwärtig bei manchen Motorrollern verfügbare Abgasbehandlung zu einer Zunahme der Partikel im toxikologisch besonders interessanten Größenbereich von 10–100 nm.
A. Baeza (Paris) fasste ein aufwendiges Projekt zusammen, in dem die proentzündliche Wirkung von in Paris gesammeltem Staub in Atemwegen quantifiziert wurde. Auch die chemische Zusammensetzung von vier Größenfraktionen des Pariser Feinstaubs zwischen 0,03 und 10 µm wurde dabei bestimmt. Volumennormiert hatte die Partikelfraktion von 0,1 bis 1 µm die größte Wirkung auf exponierte Zellen, massennormiert die Fraktionen von 0,03 bis 1 µm. A. Baeza schlussfolgerte, dass zumindest in Paris die PM1-Fraktion die städtische Belastungssituation besser beschreibt als die PM10-Feinstaubfraktion.
C. Sioutas (Los Angeles) informierte über die Erforschung der physikochemischen und toxikologischen Eigenschaften der Partikelemissionen von schweren LKW mit und ohne fortschrittlicher Abgastechnologie. Die Untersuchung von sieben verschiedenen Abgasreinigungstechniken ergab folgendes klares Ergebnis: Die Minderung der Partikelmasse geht mit der Erhöhung der Partikelzahl einher. In Zahlen: Die Senkung der Partikelmasse von etwa 100 auf etwa 2 mg km–1 korreliert gleichzeitig mit einem Anstieg der Partikelzahlen von 2 × 1014 auf 7 × 1015 Partikel km–1. Der stärkste Effekt wurde mit einem SCRT-System erzielt (selective catalytic reaction und Partikelfilter). Damit wird die physikochemische Grundannahme bestätigt, dass bei Entfernung der Feststofffraktion durch einen Partikelfilter die Zahl der kleineren Partikel zunimmt, da diese sich nicht mehr an die Feststoffteilchen anlagern können. In Toxizitätstests zeigte sich jedoch eine deutliche Abnahme der Redoxaktivität von Partikeln aus LKW mit moderner Abgastechnologie. Dies galt umgerechnet auf den Fahrzeugkilometer, jedoch nicht bezogen auf die Partikelmasse.
Auch M. Gautam (Morgantown, West Virginia, USA) bestätigte die Zunahme der Nanopartikel durch Abgasnachbehandlung bei schweren LKW.
Ebenso zeigten die Untersuchungen von A. Virtanen (Tampere), dass sich die Größenverteilung sowie (als Ursache dafür) die Partikelchemie durch unterschiedliche Abgasnachbehandlungen grundlegend wandelt. Virtanen et al. quantifizierten den Einfluss von Oxidationskatalysatoren und Partikelfiltern bei Diesel-PKW.
R. Vogt (Ford Deutschland) stellte Messungen vor, welche die Partikelemissionen während der Regenerationszeiten eines Dieselpartikelfilters (DPF) erhellen. Die Zahl der emittierten Nanopartikel steigt während dieser Phasen um das 103 bis 104fache an. Sie sind offenbar mit im DPF gespeicherten Schwefelverbindungen korreliert.
Die sekundären Effekte von DPF waren einmal mehr Thema von N. Heeb (Dübendorf, CH). Fokus seiner Forschungen ist das Verhalten von DPF im Hinblick auf Dutzende karzinogener, mutagener und hormonähnlicher Komponenten im Dieselabgas. PAHs werden nach diesen Untersuchungen effizient zurückgehalten. Auf der anderen Seite kann ein DPF als chemischer Reaktor gentoxische Nitro-PAHs erzeugen. Dies ist wie die bereits früher veröffentlichte Dioxinproduktion von DPF jedoch stark vom Filtermaterial abhängig. Die schweizerische VERT-Liste empfielt nur DPF, die auf solche sekundären Emissionen geprüft sind.
Ein verbreiteter „sekundärer Effekt“ von DPF ist die zum Teil stark erhöhte NO2-Emission. Diese bestätigt S. Niemi (Vasa, Finnland) für vier verschiedene untersuchte Filtertypen bei sehr unterschiedlicher Filtereffizienz. Der Anteil von NO2 betrug maximal 58 % des gesamten emittierten NOx. Nur einer von vier verschiedenen DPF zeigte akzeptable NO2-Emissionen. Interessant war die Untersuchung eines modernen SCR-Systems zur Minimierung der NOx-Emissionen. Dieses filterte lediglich die großen Partikel effizient, jedoch die kleinen Nanopartikel kaum aus dem Abgas heraus. S. Niemi wies ebenso darauf hin, dass die Filtertemperaturen bei der praktischen Anwendung für eine passive Reinigung zu niedrig seien.
Das quantitative Ausmaß der zusätzlichen NO2-Emissionen durch DPF zeigten Mayer et al. in einem Poster über Euro-3-, Euro-4- und Euro-5-Schwerlastfahrzeuge mit und ohne DPF: NO2 steigt nach diesen Daten im Abgas von ca. 10 ppm vor einem DPF auf bis zu 350 ppm nach DPF an. Außerdem wurde der Abbau von NO durch einen SCR-Kat gemessen: NO sinkt dabei von 1150 auf 100–300 ppm ab. In der Euro-4-Version sind bei LKW wie bei Diesel-PKW hohe NO2-Konzentrationen für die Regeneration des PM-Kats erforderlich. Dennoch sei die Partikelemission beim Euro-4-PM-Kat unvorhersagbar. Euro-5-Denox-Systeme würden nur noch vernachlässigbare NO2-Gehalte emittieren.
Bei NO2-Emissionen um 350 ppm wird auch klar, dass dieses Gas von Verkehrsteilnehmern direkt wahrgenommen werden kann: Die Geruchsschwelle von NO2 liegt bei 0,1 bis 0,5 ppm.
Die hohen NO2-Emissionen von Euro-4-PKW und -LKW werfen die Frage auf, ob der berechnete epidemiologische Nutzen (Gesundheitsvorteil der Bevölkerung, siehe: Wichmann 2004) im Hinblick auf die flächendeckende Einführung von DPF in der erwarteten Weise eintreffen wird: Gesundheitsbeeinträchtigungen durch die zunehmende Exposition gegenüber NO2 dürften hierbei nicht eingerechnet sein.