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  • ARZNEIMITTEL IN DER UMWELT • LITERATURSTUDIE
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Bewertung der Umweltrelevanz von Arzneistoffen

Assessment of the ecological relevance of pharmaceuticals – results of a literature review

Zusammenfassung

Ziel Das Ziel dieser Arbeit war es, zu ermitteln, welche Human- und Veterinärarzneistoffe aufgrund ihrer in die Umwelt eingetragenen Mengen sowie ihrer Wirkung und ihres Verhaltens in der Umwelt als umweltrelevant bewertet werden, welcher Kenntnisstand zu den als umweltrelevant beurteilten Wirkstoffen vorliegt und für welche Stoffe sich ein Handlungsbedarf für weitergehende Untersuchungen ergibt.

Methoden Es wurde eine zweistufige Methodik entwickelt, mit welcher auf der Grundlage der Kriterien Verkaufsmenge, Konzentrationen, Wirkungen und Verhalten in der Umwelt zunächst die potenziell umweltrelevanten Arzneistoffe aus der Human- und Veterinärmedizin identifiziert wurden. Diese wurden in einem zweiten Schritt einer detaillierten Einzelstoffbewertung unterzogen, in der auf der Grundlage von vorliegenden Literaturangaben zu Metabolismus, Vorkommen, Verhalten und Wirkungen die tatsächliche Umweltrelevanz der Arzneistoffe beurteilt wurde.

Ergebnisse Von ca. 2.700 zugelassenen Humanarzneistoffen wurden 29 Wirkstoffe, von den Veterinärarzneistoffen sieben Wirkstoffe und drei Wirkstoffgruppen zunächst als potenziell umweltrelevant identifiziert. Die im zweiten Schritt durchgeführte detaillierte Bewertung ergab für die Humanarzneistoffe, dass neun Einzelstoffe und zwei Substanzgruppen hinsichtlich ihres Umweltverhaltens und sieben Einzelstoffe aufgrund ihrer ökotoxikologischen Wirkungen als eindeutig umweltrelevant eingestuft werden müssen. Insgesamt sechs von sieben Veterinärarzneistoffen sowie die drei Wirkstoffgruppen konnten hinsichtlich ihres Umweltverhaltens, aber lediglich drei Wirkstoffe aufgrund ihrer Umweltwirkungen als umweltrelevant bewertet werden.

Diskussion Mithilfe der gewählten Methodik konnte das sehr umfangreiche Arzneistoffspektrum auf eine Größenordnung reduziert werden, die eine detaillierte Bewertung erst ermöglichte. Die Abschätzung sowohl der potenziellen als auch der tatsächlichen Umweltrelevanz mittels der festgelegten Kriterien setzt aber voraus, dass zu den einzelnen Wirkstoffen entsprechende Untersuchungen in den Umweltmedien sowie zu ihren Wirkungen und ihrem Verhalten durchgeführt und in der Literatur publiziert wurden.

Schlussfolgerungen Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung haben gezeigt, dass die vorgestellte Methode für eine umfassende Bewertung der Umweltrelevanz von Arzneistoffen geeignet ist. Eine vollständige Erfassung und Bewertung aller Risikopotenziale scheitert jedoch an der Vielzahl der zu berücksichtigenden Stoffe sowie an einer häufig zu schlechten Datenbasis. Generell lässt sich festhalten, dass sowohl hinsichtlich der einzelnen Wirkstoffe als auch der Wirkstoffgruppen z. T. noch erhebliche Kenntnislücken für eine abschließende Bewertung bestehen.

Empfehlungen Zur abschließenden, umfassenden Bewertung der Umweltrelevanz sind für eine Reihe von Wirkstoffen weitere Untersuchungen erforderlich. Forschungsbedarf besteht vor allem bei der Beschreibung der Prozesse, denen Arzneistoffe im Wasser und in Böden unterworfen sind. Darüber hinaus fehlen für eine Reihe von Humanarzneistoffen Langzeitstudien zur Bewertung der ökotoxikologischen Wirkungen auf Organismen verschiedener Trophiestufen. Weder zu den Metaboliten von Human- und Veterinärarzneistoffen noch zu Stoffgemischen liegen in der Literatur hinreichende Daten vor, um deren Verhalten in der Umwelt abzuschätzen.

Abstract

Aim The aim of this work was to investigate, which human and veterinary pharmaceuticals are of high ecological relevance due to the input into the environment as well as with regard to the effects and behaviour in the environment. Furthermore, the state of knowledge concerning the ecologically relevant substances and the need of research was evaluated.

Methods A two-step approach considering the criteria quantity of sold pharmaceuticals, concentrations, effects and fate in the environment was developed to identify the pharmaceuticals of potential ecological relevance. In a second step the identified individual substances and groups of substances were considered in more detail concerning metabolism, environmental behaviour and ecological effects.

Results In a first step 29 out of approximate 2,700 licensed human pharmaceuticals and seven substances as well as three substance groups used in veterinary medicine were identified as potentially ecologically relevant. The detailed assessment in a second step lead to the conclusion, that of the human pharmaceuticals 9 substances as well as two substance groups concerning the environmental behaviour and seven substances concerning the effects are of high environmental relevance. Concerning the environmental behaviour six out of seven veterinary pharmaceuticals as well as three substance groups and only three substances concerning the ecological effects were classified as relevant for the environment.

Discussion By means of the presented method it was possible to limit the scope of a wide spectrum of pharmaceuticals, so that a detailed assessment of only relevant active agents was possible. Nevertheless, it is a precondition that investigations concerning the occurrence, fate and effects of the individual compounds in the environment have been already carried out and published in the literature.

Conclusions The method is suitable for a comprehensive assessment of the ecological relevance of pharmaceuticals, but for a lot of human and veterinary pharmaceuticals the data available in the literature are insufficient.

Recommendations For a final extensive assessment of the environmental relevance for some of the human and veterinary pharmaceuticals more studies are necessary. Especially data concerning the environmental behaviour in water and soils, data from long-term-studies for the assessment of ecological effects and data concerning metabolites and mixtures of pharmaceutical compounds are lacking.

1 1 Einleitung

In Deutschland waren in den vergangenen Jahren etwa 2.700 Wirkstoffe in der Humanmedizin zugelassen (Umweltbundesamt 2003). Viele Wirkstoffe werden regelmäßig in Abwässern, Oberflächengewässern oder, bei Veterinärarzneimitteln, in Wirtschaftsdüngern und Bodenproben nachgewiesen. In den 1970er Jahren wurden zum ersten Mal Ergebnisse aus Untersuchungen zum Eintrag von Arzneimittelwirkstoffen in die Umwelt veröffentlicht. Jedoch wurden erst 1994 mit dem Nachweis der Clofibrinsäure in Berliner Oberflächengewässern die Forschungsaktivitäten intensiviert (Stan et al. 1994). Einige dieser Wirkstoffe zeichnen sich durch eine außerordentliche Persistenz aus; sie sind mittlerweile als ubiquitär anzusehen. Die Bewertung des Umweltrisikos ist meistens schwierig, da die Wirkstoffkonzentrationen in den Umweltmedien oft sehr niedrig sind und nicht genügend Daten über Wirkungen vorliegen. Insbesondere fehlen in vielen Fällen Daten aus ökotoxikologischen Tests zu chronischen Wirkungen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat in seiner aktuellen Stellungnahme von April 2007 festgestellt, dass in Bezug auf den diffusen Eintrag von Arzneimittelwirkstoffen in die Umwelt weiterhin Handlungsbedarf besteht (SRU 2007). Die wesentlichen Ergebnisse dieser Stellungnahme wurden von Salomon (2007) zusammengefasst und publiziert. Arzneimittelwirkstoffe, die in vergleichsweise geringen Mengen eingesetzt werden, beispielsweise Hormone wie 17α-Ethinylestradiol, sind in der Stoffrisikobewertung ebenfalls von Bedeutung. Zwar ist der Jahresverbrauch von 17α-Ethinylestradiol in Deutschland mit ca. 50 kg verglichen mit anderen Wirkstoffen sehr gering, das Hormon weist jedoch ein sehr hohes östrogenes Potenzial auf. So werden Effekte bei aquatischen Organismen nach einer chronischen Exposition schon bei sehr geringen Konzentrationen nachgewiesen (Nash et al. 2004; Schulte-Oehlmann et al. 2004).

2 2 Ziel der Literaturstudie

Das Ziel dieser Arbeit war es, zu ermitteln, welche Human- und Veterinärarzneimittelwirkstoffe aufgrund ihrer in die Umwelt eingetragenen Mengen sowie ihrer Wirkung und ihres Verhaltens in der Umwelt als umweltrelevant bewertet werden, welcher Kenntnisstand zu den als umweltrelevant beurteilten Wirkstoffen vorliegt und für welche Stoffe sich ein Handlungsbedarf für weitergehende Untersuchungen ergibt.

3 3 Methode und Datengrundlage

Die Identifizierung der potenziell umweltrelevanten Wirkstoffe stützte sich auf

  • die Mengen der in die Umwelt eingetragenen Arzneistoffe (Verkaufsmengen),

  • die gemessenen Konzentrationen und Gehalte in den Umweltmedien,

  • die Wirkungen der Stoffe auf Organismen und

  • das Umweltverhalten, insbesondere das Abbau- und Verlagerungsverhalten, in den Umweltmedien.

Dabei wurden für die Erstbewertung der Umweltrelevanz die in der Tabelle 1 aufgeführten Kriterien gewählt. In einem zweiten Schritt wurden die als potenziell umweltrelevant klassifizierten Wirkstoffe einer detaillierten Einzelstoffbetrachtung unterzogen, in der auf der Grundlage von vorliegenden Literaturangaben zu Metabolismus, Vorkommen, Verhalten und Wirkungen die tatsächliche Umweltrelevanz der Arzneistoffe beurteilt wurde (Abschn. 4.2). Die Studie wurde im September 2006 beendet, sodass Literatur bis zum Jahr 2006 berücksichtigt wurde.

Tabelle 1 Kriterien zur Erstbewertung der Umweltrelevanz von Human- und Veterinärarzneistoffen

3.1 3.1 Verkaufsmenge

Die Mengen der in Deutschland in der Humanmedizin eingesetzten Arzneistoffe wurden erstmals umfassend in dem Forschungsvorhaben „Mengenermittlung und Systematisierung von Arzneimittelwirkstoffen im Rahmen der Umweltprüfung von Human- und Tierarzneimitteln gemäß § 28 AMG“ erhoben. Diese vom Umweltbundesamt veröffentlichten Mengendaten beruhen auf durch die Firma Intercontinental Marketing Services Health AG (IMS Health AG 2002) erhobenen Verkaufszahlen sowie auf Angaben des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) (Umweltbundesamt 2003) zu den Verschreibungen.

Um umweltrelevante Wirkstoffe zu identifizieren, stütze sich das Umweltbundesamt (2003) zunächst auf die Vorgaben der EMEA (2001) zur Abschätzung des Umweltrisikos. Außerdem wurden nur Wirkstoffe berücksichtigt, die in einer Menge von mehr als 5.000 kg/a verkauft wurden. Nach Ausschluss von z. B. Naturstoffen, Enzymen und Mineralien verblieben von 2.754 im Jahre 1999 verkauften Arzneistoffen noch 111 Wirkstoffe – diese Liste diente für diese Studie zunächst als Ausgangspunkt. Da auch Arzneimittel, die in wesentlich geringeren Mengen angewendet werden, ebenfalls umweltrelevant sein können, wurde die Liste erweitert. Dies betrifft insbesondere hochwirksame Arzneimittelwirkstoffe wie Hormone und Zytostatika, deren jährliche Verkaufsmengen im Kilogramm-Bereich liegen. Die modifizierte Liste, die als Grundlage für die Datensammlung genutzt wurde, enthält schließlich 138 Stoffe, von denen insgesamt 66 Wirkstoffe in einer Menge von mehr als 10.000 kg/a verkauft und deshalb als potenziell umweltrelevant eingestuft wurden.

Im Unterschied zu Humanarzneimitteln ist die Erhebung von Verbrauchsdaten für Veterinärarzneimittel in Deutschland deutlich schwieriger. Daher wurden zunächst Daten aus der Region Weser/Ems verwendet (Winckler und Grafe 2000). Als Auswahlkriterium für die potenziell umweltrelevanten Veterinärarzneistoffe wurden die in der von Winckler und Grafe (2000) erstellten Studie ermittelten Absatzmengen herangezogen und als Schwellenwert eine Grenze von 1.000 kg/a festgelegt. Danach sind die Wirkstoffgruppen der Tetracycline (Tetracyclin, Chlortetracyclin, Oxytetracyclin), der Sulfonamide (z. B. Sulfadiazin, Sulfadimidin), der Aminoglykoside (z. B. Neomycin) sowie β-Lactame und Polymyxine sowie Cholinchlorid aufgrund ihrer verwendeten Menge als potenziell umweltrelevant zu betrachten. Zum Vergleich wurden die Absatzmengen aus 14 Landkreisen in Brandenburg herangezogen (Linke und Kratz 2001).

3.2 3.2 Umweltkonzentrationen und Umweltgehalte

3.2.1 3.2.1 Oberflächengewässer

In Deutschland wurden insgesamt 56 Human- und elf Veterinärarzneistoffe in Oberflächengewässern nachgewiesen. In Anlehnung an die Richtlinie der EMEA zur Risikoanalyse von Humanarzneimitteln wurden die Human- und Veterinärarzneistoffe als potenziell umweltrelevant eingestuft, die regelmäßig mit Konzentrationen über 0,01 µg/l in Oberflächengewässern beobachtet werden. Dieses Kriterium wurde von 39 Human- und vier Veterinärarzneistoffen erfüllt (Tabelle 2).

Tabelle 2 Nachweis von Wirkstoffen mit Konzentrationen > 0,01 µg/l in Oberflächengewässern und mit Gehalten > 100 µg/kg in Wirtschaftsdüngern sowie Positivbefunde im Grund- und Trinkwasser

3.2.2 3.2.2 Grundwasser

Da der Nachweis eines Stoffes im Grund- und Trinkwasser auf eine hohe Persistenz und Mobilität hinweist, wurden alle Stoffe, die im Grund- und Trinkwasser nachgewiesen wurden, als potenziell umweltrelevant eingestuft. Im Grundwasser wurden sowohl Human- als auch Veterinärarzneimittel nachgewiesen. Bisher konnten 25 Human- und drei Veterinärarzneistoffe im Grundwasser detektiert werden (s. Tabelle 2). Es wurden vier Röntgenkontrastmittel nachgewiesen, drei davon mit ähnlichen Konzentrationen wie im Oberflächenwasser. Für die bereits aufgrund ihrer hohen Konzentration in Oberflächengewässern als potenziell umweltrelevant klassifizierten Wirkstoffe Bezafibrat, Diclofenac und Phenazon wurden Konzentrationen von mehr als 1 µg/l im Grundwasser ermittelt. Da die Nachweise der Hormone Estradiol und Ethinylestradiol in Konzentrationen im ng/l-Bereich mehrfach erfolgten, ist von einer Anwesenheit geringster Mengen dieser Substanzen im Grundwasser auszugehen (Rurainski et al. 1977, zit. in Robakowski 2000). Zwei der drei nachgewiesenen Veterinärarzneistoffe gehören zur Gruppe der Sulfonamide, sodass diese Stoffklasse neben den auch bereits in Oberflächengewässern nachgewiesenen Tetracyclinen als potenziell umweltrelevant klassifiziert werden muss.

3.2.3 3.2.3 Trinkwasser

In Deutschland wurden in Trinkwasserproben bisher 15 Humanarzneistoffe nachgewiesen (s. Tabelle 2). Das Stoffspektrum ähnelt dem des Grundwassers. Veterinärarzneistoffe wurden bisher nicht im Trinkwasser beobachtet.

3.2.4 3.2.4 Wirtschaftsdünger und Boden

In Wirtschaftsdüngern wurden ausnahmslos Veterinärarzneimittel nachgewiesen. Durch ihre Ausbringung auf Acker- und Grünlandflächen, aber auch direkt durch die Weidewirtschaft können die Stoffe in Böden gelangen, sich in Abhängigkeit von ihren Sorptions- und Abbaueigenschaften hier anreichern und/oder in tiefere Bodenhorizonte bis in das Grundwasser verlagert werden. Da dies für Veterinärarzneimittel der wichtigste Eintragspfad in die Umwelt ist, wurde durch die EMEA (1998) für Wirtschaftsdünger ein Schwellenwert von (100 µg/kg) festgelegt, bei dessen Überschreiten eine potenzielle Umweltrelevanz der betrachteten Wirkstoffe zu erwarten ist. In Wirtschaftsdüngern wurden bisher zehn Veterinärarzneistoffe mit Gehalten von > 100 µg/kg nachgewiesen (s. Tabelle 2). Es handelt sich vor allem um Antibiotika aus der Stoffgruppe der Sulfonamide und Tetracycline. Auffällig ist das Antiparasitikum Ivermectin, das zwar in vergleichsweise geringen Mengen eingesetzt wird, aber trotzdem mehrfach in Wirtschaftsdüngern nachgewiesen wurde.

Tetracyclin, das mehrfach in Gehalten über 100 µg/kg nachgewiesen wurde, wurde als potenziell umweltrelevant eingestuft. Die Stoffgruppe der Sulfonamide wurde ebenfalls mit Gehalten über 100 µg/kg nachgewiesen, allerdings lagen die Gehalte der Einzelstoffe deutlich unter 100 µg/kg.

3.3 3.3 Umweltwirkungen

Neben den Umweltkonzentrationen ist für die Ersteinschätzung der Umweltrelevanz auch die Wirkung der Arzneistoffe auf Organismen von großer Bedeutung. Das potenzielle Umweltrisiko wurde aus dem Vergleich von Exposition und Wirkung abgeleitet. In der vorliegenden Studie wurde ausschließlich auf bereits erhobene Daten zurückgegriffen. Um eine Risikoabschätzung vornehmen zu können, wurden die Effektkonzentrationen des empfindlichsten Testorganismus zum gemessenen Konzentrationsbereich der Arzneiwirkstoffe in Beziehung gesetzt. Erreicht die Effektkonzentration (dividiert durch einen Unsicherheitsfaktor) die Größenordnung der gemessenen Konzentration in der Umwelt, so wurde der Stoff als ökotoxikologisch relevant eingeschätzt. Aufgrund der z. T. lückenhaften Datenbasis ist eine Unterscheidung der Tests nach der Trophiestufe nicht immer möglich; deshalb wurde für die grobe Ersteinschätzung der Unsicherheitsfaktor 1.000 gewählt. Bei der ökologischen Einzelstoffbewertung wurden jedoch durch die verfügbare Datenbasis begründete Unsicherheitsfaktoren von 10 bis 1.000 gewählt.

Von den Arzneistoffen der Humanmedizin wurden sieben Stoffe als ökotoxikologisch relevant (und damit als potenziell umweltrelevant) identifiziert (Tabelle 3). Zwei Stoffe, Bezafibrat und Ibuprofen, lagen mit den in Oberflächengewässern gemessenen Maxima im Risikobereich. Unter den in der Veterinärmedizin eingesetzten Wirkstoffen sind fünf Stoffe ökotoxikologisch relevant für Oberflächengewässer (s. Tabelle 3). Für Böden stellen in erster Linie die Tetracycline und das Antiparasitikum Ivermectin ein Risiko dar. Tylosin lag mit der in Oberflächengewässern gemessenen Maximalkonzentration im ökotoxikologisch relevanten Bereich.

Tabelle 3 Ökotoxikologisch relevante Wirkstoffe nach der Gegenüberstellung von Konzentrationen in Oberflächengewässern bzw. Böden und Effektkonzentrationen

3.4 3.4 Umweltverhalten

Zur Identifizierung potenziell umweltrelevanter Arzneimittelwirkstoffe wurden die der Literatur entnommenen Angaben zur biologischen Abbaubarkeit in wässrigen Lösungen bewertet. Die biologische Abbaubarkeit eines Stoffes wird nach EMEA (2003) mit dem Standardtest nach OECD 301 ermittelt. Neben den Ergebnissen des Standardtests gibt es noch eine Reihe weiterer Literaturangaben. Wird ein Stoff beispielsweise als „persistent“ oder „nicht abbaubar“ bezeichnet, so wird er in die Kategorie < 10 % Abbaubarkeit eingeordnet.

Alle Stoffe mit einer biologischen Abbaubarkeit < 10 % wurden als potenziell umweltrelevant bewertet. 25 Wirkstoffe aus der Humanmedizin sowie fünf Wirkstoffe und eine Wirkstoffgruppe aus der Veterinärmedizin werden aufgrund ihrer geringen Abbaubarkeit als potenziell umweltrelevant eingestuft.

Zur Beschreibung der biologischen Abbaubarkeit wurde auch die Halbwertszeit in Böden herangezogen (T1/2 oder DT50). Die Einstufung der Arzneimittelwirkstoffe als potenziell umweltrelevant erfolgte mittels der Maßzahl der Halbwertszeit, wenn diese in der Literatur mit > 60 Tagen (nach EMEA 1998) angegeben war. Nach ihrer Halbwertszeit in Böden müssen Enrofloxacin und Virginiamycin, außerdem die Stoffgruppe der Makrolidantibiotika als potenziell umweltrelevant betrachtet werden. Zu beachten sind außerdem Tylosin, Oxytetracyclin und Sulfadimidin, zu denen es allerdings widersprüchliche Angaben gibt.

4 4 Ergebnisse

4.1 4.1 Erstbewertung

Fasst man die Ergebnisse zur Erstbewertung der Umweltrelevanz von Human- und Veterinärarzneistoffen zusammen, so erhält man insgesamt 92 Wirkstoffe aus der Human- und 19 Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen aus der Veterinärmedizin, die mindestens eines der Kriterien Menge, Konzentration, Wirkung oder Verhalten zur Auswahl der potenziell umweltrelevanten Stoffe erfüllen. Als „Masterkriterien“ gelten jedoch die Umweltkonzentration und die Wirkung auf Organismen, d. h. der Arzneistoff besitzt bei Erfüllung eines dieser beiden Kriterien eine potenzielle Umweltrelevanz. Somit verbleiben 29 Wirkstoffe aus der Humanmedizin sowie sieben Wirkstoffe und drei Wirkstoffgruppen aus der Veterinärmedizin, die als potenziell umweltrelevant identifiziert wurden (Tabelle 4).

Tabelle 4 Potenziell umweltrelevante Arzneistoffe aus der Human- und Veterinärmedizin

Das Kriterium Konzentration ist jeweils dann erfüllt, wenn einer der Unterpunkte (Oberflächenwasser > 0,01 µg/l, Positivbefund in Grund- oder Trinkwasser) erfüllt ist. So reicht beispielsweise für die Hormone Estradiol und Ethinylestradiol der Nachweis im Grund- und Trinkwasser aus, um das Kriterium Konzentration zu erfüllen, auch wenn die Konzentration im Oberflächenwasser unterhalb des Schwellenwertes von 0,01 µg/l liegt.

4.2 4.2 Einzelstoffbetrachtung der potenziell umweltrelevanten Human- und Veterinärarzneistoffe

Die als potenziell umweltrelevant bewerteten Wirkstoffe aus der Human- und Veterinärmedizin wurden in einem zweiten Schritt einer detaillierten Bewertung unterzogen. Die Ergebnisse dieser Detailbetrachtung zur Umweltrelevanz der Human- und Veterinärarzneistoffe, differenziert nach Umweltverhalten und Umweltwirkungen sowie der aus diesen abgeleitete Forschungsbedarf, sind in der Tabelle 5 zusammengefasst. Reichte die Datenlage für eine abschließende Beurteilung der Umweltrelevanz nicht aus, wurden Empfehlungen für weitere Untersuchungen ausgesprochen.

Tabelle 5 Zusammenfassende Bewertung der Umweltrelevanz von Human- und Veterinärarzneistoffen und des Forschungsbedarfs

4.2.1 4.2.1 Humanarzneistoffe

Insgesamt neun Humanarzneistoffe und zwei Substanzgruppen wurden hinsichtlich ihres Umweltverhaltens als umweltrelevant bewertet: die Antibiotika Ciprofloxacin, Erythromycin, Sulfamethoxazol und Trimethoprim, Clofibrinsäure, Diclofenac, Propyphenazon, Carbamazepin, 17α-Ethinylestradiol sowie die Röntgenkontrastmittel und Zytostatika. Für die Arzneistoffe Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Paracetamol und 17β-Estradiol konnte die Umweltrelevanz trotz z. T. beträchtlicher Verkaufsmengen als vernachlässigbar eingestuft werden. Aufgrund mangelhafter Datenlage konnte die Umweltrelevanz bezüglich des Umweltverhaltens für die Arzneistoffe Clarithromycin, die Lipidsenker Bezafibrat und Fenofibrat/Fenofibrinsäure, die Betablocker Atenolol, Metoprolol und Sotalol, Phenazon, Indometacin, Ranitidin und Theophyllin nicht eingeschätzt werden. Es sind weitere Untersuchungen zum Verhalten dieser Stoffe in der Umwelt erforderlich.

Für insgesamt 16 Humanarzneistoffe und eine Substanzgruppe ist die bestehende Datenlage für eine wissenschaftlich fundierte Bewertung der Umweltrelevanz aufgrund des Verhaltens in der Umwelt nicht ausreichend. Für diese Stoffe sind weitere Untersuchungen zum Verhalten in der Umwelt erforderlich. Lediglich für die sieben Arzneistoffe Sulfamethoxazol, Clofibrinsäure, Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Propyphenazon, 17β-Estradiol, 17α-Ethinylestradiol und die Gruppe der Röntgenkontrastmittel liegen Literaturdaten zur Abbaubarkeit, zum Sorptions- und Verlagerungsverhalten in einer Qualität und Quantität vor, die eine Einstufung der Umweltrelevanz ermöglichen; hier besteht kein weiterer Forschungsbedarf.

Lediglich sieben Arzneistoffe konnten hinsichtlich ihrer ökotoxikologischen Wirkungen als eindeutig umweltrelevant eingestuft werden: die Antibiotika Ciprofloxacin, Clarithromycin, Erythromycin und Sulfamethoxazol, Diclofenac, Carbamazepin und 17α-Ethinylestradiol. Von den sechs Arzneistoffen Trimethoprim, Clofibrinsäure, Metoprolol, Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol sowie den Substanzgruppen Röntgenkontrastmittel und Zytostatika geht kein wirkungsseitiges Umweltrisiko aus. Für zehn Arzneistoffe waren die für eine ökotoxikologische Bewertung verfügbaren Daten nicht ausreichend: die Lipidsenker Bezafibrat und Fenofibrat/Fenofibrinsäure, die Betablocker Atenolol und Sotalol, Phenazon, Indometacin, Propyphenazon, Ranitidin, Theophyllin und 17β-Estradiol. Es sind weitere Untersuchungen zur Wirkung dieser Stoffe erforderlich.

Hinsichtlich der Bewertung der Umweltrelevanz aufgrund der Wirkungen auf aquatische Organismen besteht für 16 Einzelstoffe und die beiden Substanzgruppen Röntgenkontrastmittel und Zytostatika zusätzlicher Forschungsbedarf. Insbesondere fehlen zur Beschreibung der ökotoxikologischen Wirkungen Langzeitstudien für Organismen verschiedener Trophiestufen. Für die Arzneistoffe Ciprofloxacin, Erythromycin, Clofibrinsäure, Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Paracetamol und 17α-Ethinylestradiol ist die Datenlage für eine aussagekräftige Bewertung der Umweltwirkungen ausreichend.

4.2.2 4.2.2 Veterinärarzneistoffe

Die zunächst vorgenommene Bewertung der potenziellen Umweltrelevanz von drei Veterinärarzneistoffgruppen und sieben Veterinärarzneistoffen konnte durch die detaillierte Bewertung dieser Wirkstoffgruppen bzw. Einzelwirkstoffe im Wesentlichen bestätigt werden. Die Ergebnisse der Detailbetrachtung zur Umweltrelevanz dieser Stoffe sowie zu dem sich aus dem aktuellen Kenntnisstand ableitenden Forschungsbedarf sind in Tabelle 5 zusammengefasst.

Es zeigt sich, dass mit Ausnahme von Sulfadiazin (Datenlage nicht ausreichend) alle betrachteten Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen hinsichtlich ihres Umweltverhaltens als umweltrelevant bewertet werden. Vergleichsweise gut untersucht sind dabei die Wirkstoffe aus der Gruppe der Tetracycline und Sulfonamide sowie das Ivermectin. Relativ wenige Informationen liegen hingegen zu Wirkstoffen aus der Gruppe der Aminoglycoside vor, die sowohl aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Anwendungsmengen, ihrer (vermutlich) schlechten biologischen Abbaubarkeit sowie der (anzunehmenden) hohen Mobilität in Böden zumindest vorläufig bis zu einer Verdichtung der Datenlage als umweltrelevant eingestuft werden müssen. Hier bedarf es generell weiterer Untersuchungen zu ihrem Vorkommen in der Umwelt (insbesondere Grund- und Oberflächenwässer und Böden) sowie ihrem Umweltverhalten (Abbau in Wirtschaftsdüngern, Böden und Wasser; Verlagerungsverhalten etc.).

Lediglich die Wirkstoffe Oxytetracyclin, Chlortetracyclin und Ivermectin konnten hinsichtlich ihrer ökotoxikologischen Wirkungen als eindeutig umweltrelevant eingestuft werden. Für die anderen Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen waren die für eine entsprechende Bewertung verfügbaren Daten nicht ausreichend.

5 5 Diskussion

Bei der Erstbewertung der vorliegenden Daten fielen folgende Defizite auf:

Von 21 der 66 als mengenrelevant klassifizierten Arzneistoffe lagen weder Daten zu Konzentrationen in Gewässern noch zu den Umweltwirkungen und zum Umweltverhalten vor: Aciclovir, Ambroxol, Cefazolin, Cyclandelat, Dimethylsulfoxid, Eprosartan, Hydrochlorothiazid, Ioversol, Irbesartan, Isosorbidmononitrat, Lactitol, Nifedipin, Piracetam, Polidocanol, Propafenon, Thioct(an)säure/Liponsäure, Tilidin, Tramadol, Triamteren, Troxerutin und Verapamil. Obwohl diese Stoffe möglicherweise umweltrelevant sind, konnten sie im Rahmen dieser Literaturstudie nicht weiter betrachtet werden.

Von 16 Arzneistoffen, die in umweltrelevanten Konzentrationen in der aquatischen Umwelt nachgewiesen wurden, lagen keine Daten zu Umweltwirkungen und zum Umweltverhalten vor: Bisoprolol, Clenbuterol, Diatrizoat, Diazepam, Gemfibrozil, Iohexol, Iomeprol, Iopamidol, Iopromid, Ketoprofen, Phenytoin, Ranitidin, Salbutamol, Sotalol, Terbutalin und Valproinsäure. Aufgrund der hohen nachgewiesenen Konzentrationen in Oberflächengewässern und Grund- und Rohwässern wurden die Wirkstoffe Ranitidin und Sotalol sowie die Röntgenkontrastmittel trotz fehlender Daten zur Ökotoxikologie und zum Verhalten im Rahmen der Literaturstudie weiter betrachtet.

Für die Bewertung der Veterinärarzneistoffe war das Fehlen bundesweiter Daten zu Verbrauchsmengen ein großes Defizit.

Für Arzneimittelwirkstoffe lagen nur wenige Daten aus ökotoxikologischen Tests für das Medium Boden vor.

Ein großer Teil der im ersten Schritt unter Einbeziehung der festgelegten Kriterien als potenziell umweltrelevant identifizierten Human- und Veterinärarzneistoffe wurde auch nach detaillierter Betrachtung als tatsächlich umweltrelevant bewertet. Nur die Arzneistoffe Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol werden sowohl aufgrund ihres Umweltverhaltens als auch aufgrund ihrer Umweltwirkung als nicht umweltrelevant eingestuft.

Mithilfe der gewählten Methode konnte das zunächst sehr umfangreiche Spektrum von ca. 2.700 Humanarzneistoffen zuzüglich der Veterinärarzneistoffe auf eine Größenordnung reduziert werden, wodurch eine detaillierte Bewertung der Umweltrelevanz erst möglich wurde. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Begrenzung auf das weiter betrachtete Wirkstoffspektrum maßgeblich von der Dimensionierung der zu Grunde gelegten Bewertungskriterien geprägt wird (z. B. Verkaufsmenge größer 10.000 kg/a). Die Abschätzung sowohl der potenziellen als auch der tatsächlichen Umweltrelevanz mittels der Bewertungskriterien Konzentration, Wirkung und Verhalten setzt weiterhin voraus, dass zu den einzelnen Wirkstoffen auch entsprechende Untersuchungen in den Umweltmedien und zu ihren Wirkungen und ihrem Verhalten durchgeführt und in der Literatur publiziert wurden. Für einen Großteil der mehr als 2.700 Arzneimittelwirkstoffe ist dies – abgesehen von vereinzelten Untersuchungen – nur sehr eingeschränkt der Fall.

Ähnliche Untersuchungen wurden auch im Land Brandenburg durchgeführt und von Hanisch et al. (2004) veröffentlicht, die sich jedoch räumlich auf Brandenburg beschränkten und schwerpunktmäßig das wirkungsseitige Umweltrisiko von Humanarzneistoffen im aquatischen Ökosystem auf der Grundlage EMEA-Vorgaben betrachteten. Schulte-Oehlmann et al. (2007) führten eine Studie mit dem Ziel durch, Informationen zu Bewertungs- und Priorisierungskonzepten für Humanarzneimittelwirkstoffe mit potenzieller Umweltrelevanz zusammenzustellen, Angaben zu den quantitativen Einträgen einzelner Wirkstoffe in das aquatische Milieu zu bündeln und relevante Eintragspfade aufzuzeigen. Das derzeit laufende Forschungsvorhaben start – Strategien zum Umgang mit Arzneimittelwirkstoffen im Trinkwasser – greift das Problemfeld des Vorkommens von Arzneimittelwirkstoffen in Gewässern und im Trinkwasser sowie das damit einhergehende Gefährdungspotenzial auf, mit dem Ziel, ein spezifisches Systemverständnis zu entwickeln, um sektorale Maßnahmen für eine Reduktion von Stoffeinträgen zu einer systemischen Handlungsstrategie zu integrieren (start – Strategien zum Umgang mit Arzneimittelwirkstoffen im Trinkwasser, www.start-project.de).

6 6 Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung haben gezeigt, dass die vorgestellte Methode für eine umfassende Bewertung des Umweltverhaltens und der Umweltwirkungen von Arzneistoffen geeignet ist. Eine endgültige und abschließende Erfassung und Bewertung aller Risikopotenziale scheitert jedoch an der Vielzahl der zu berücksichtigenden Stoffe sowie an einer häufig zu schlechten Datenbasis. Deshalb fordert der Sachverständigenrat für Umweltfragen – in Anlehnung an die Altstoffprogramme für Chemikalien oder Pestizide – zur Beseitigung des Datendefizits bei zugelassenen Arzneimitteln ein Altstoffprogramm für Arzneimittelwirkstoffe (SRU 2007).

Insgesamt ist es gelungen, die Umweltrelevanz der hinsichtlich ihrer Konzentrationen, ihres Verhaltens und ihrer Wirkungen in der Umwelt wesentlichen Arzneistoffe zu bewerten und auf bestehende Kenntnisdefizite hinzuweisen. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch von Arzneistoffen, die im Rahmen der hier gewählten Methodik keine Berücksichtigung fanden, umweltrelevante Risiken ausgehen. Generell lässt sich festhalten, dass sowohl hinsichtlich der einzelnen Wirkstoffe als auch der Wirkstoffgruppen z. T. noch erhebliche Kenntnislücken für eine abschließende Bewertung bestehen.

7 7 Empfehlungen

Zur abschließenden, umfassenden Bewertung der Umweltrelevanz sind für eine Reihe von Wirkstoffen weitere Untersuchungen sowohl hinsichtlich ihres Umweltverhaltens als auch ihrer ökotoxikologischen Wirkungen erforderlich.

Forschungsbedarf besteht vor allem bei der Beschreibung der Prozesse, denen Arzneistoffe im Wasser und in Böden unterworfen sind. Während Daten zum Vorkommen in Umweltmedien und meist auch Labordaten zur biologischen Abbaubarkeit vorliegen, ist über das Verhalten eines Stoffs oder Stoffgruppen in der Umwelt kaum etwas bekannt. Darüber hinaus fehlen für eine Reihe von Humanarzneistoffen Langzeitstudien zur Bewertung der ökotoxikologischen Wirkungen auf Organismen verschiedener Trophiestufen. Ein großes Defizit zur Bewertung der tatsächlich von Veterinärarzneimitteln ausgehenden Umweltrisiken ist das Fehlen bundesweiter Daten zu den Verbrauchsmengen.

Weder zu den Metaboliten von Human- und Veterinärarzneistoffen noch zu Stoffgemischen liegen in der Literatur hinreichende Daten vor, um deren Verhalten in der Umwelt abzuschätzen. Hier besteht ebenfalls erheblicher Forschungsbedarf, wenngleich die tatsächlichen Möglichkeiten diese Kenntnislücken zu schließen, aufgrund der hohen Zahl an Metaboliten bzw. potenziellen Stoffgemischen begrenzt sind.

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Die Literaturstudie wurde im Auftrag des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW erstellt (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW 2007). Die Langfassung und die Anhänge sind im Internet unter folgender Adresse verfügbar: http://www.lanuv.nrw.de/veroeffentlichungen/fachberichte/fabe2/fabe2.pdf bzw. fabe2_anhaenge.pdf. Finanziert wurde die Arbeit durch Mittel des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW.

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Bergmann, A., Fohrmann, R. & Hembrock-Heger, A. Bewertung der Umweltrelevanz von Arzneistoffen. Environ Sci Eur 20, 197–208 (2008). https://doi.org/10.1007/s12302-008-0005-5

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