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14. SETAC GLB Jahrestagung an der TU München in Weihenstephan

1 Überblick

Nach zehn Jahren fand die diesjährige SETAC GLB Tagung wieder an der TU München in Freising statt. In sieben Sitzungen konnte ein Bogen gespannt werden zu dem Tagungsmotto Risiken erkennen – Risiken bewerten – gemeinsam Lösungen finden. Die SETAC-GLB-Präsidentin Dr. Martina Roß-Nickoll griff das Tagungsmotto in ihrer Eröffnungsrede auf und zitierte aus einer Rede der Bundeskanzlerin, wie wichtig es ist, Kräfte aus verschiedenen Bereichen zu bündeln und gemeinsam Lösungen zu finden. Wirtschaftliche Effizienz und ökologische Nachhaltigkeit seien dabei in der heutigen Zeit kooperierende Aspekte. Der Dialog als elementare Vorraussetzung für gemeinsame Problemlösungen erfordere gewisse Kernfähigkeiten von uns allen. Martina Roß-Nickoll nannte unter anderem das „einander Zuhören und Hierarchie-freie Sprechen“. Die SETAC GLB Tagung bietet dazu ein hervorragendes Forum: Zum einen durch die Zusammensetzung der Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer aus Wissenschaft, Industrie und Behörde und zum anderen ermöglicht sie gerade durch die stark geförderte Einbindung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieses Zuhören und miteinander Sprechen auf gleicher Augenhöhe.

Die gute Resonanz der Tagung zeigte sich in den mehr als 200 Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmern, 45 Vorträgen und 84 Posterbeiträgen. Dieses Jahr fand erstmals parallel zur SETAC-Jahrestagung die Ökobilanzwerkstatt „Netzwerk Lebenszyklusdaten“ statt (Feifel et al. 2010), sodass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit hatten, an Vorträgen beider Veranstaltungen teilzunehmen und sich über aktuelle Arbeiten der angrenzenden Fachgebiete zu informieren. Der gemeinsame bayerische Abend bot zudem die Gelegenheit, um sich kennenzulernen und um Kontakte untereinander zu knüpfen.

2 Themenschwerpunkte

Die Themenschwerpunkte der diesjährigen Sessions, die jeweils von einem Junior- und Seniorchair geleitet wurden, deckten die Themenbereiche regulatorische Ökotoxikologie, Problemstoffe in der Ökotoxikologie, Sedimentökotoxikologie, aquatische Testverfahren, Biomonitoring, terrestrische Ökotoxikologie und Bodenökotoxikologie sowie Statistik in der Ökotoxikologie ab.

Die regulatorische Ökotoxikologie befasste sich mit den aktuellen Entwicklungen zur Bewertung des Umweltrisikos von Stoffen. Ein Schwerpunkt war das europäische Chemikalienrecht REACh, das in zwei Vorträgen beleuchtet wurde. Daneben wurden neuere Entwicklungen bei der Beurteilung von Arzneimitteln, Biozidprodukten und Nanomaterialien diskutiert.

Eine große Parallelsession befasste sich mit Problemstoffen in der Ökotoxikologie. Auch hier waren unter anderem Arzneistoffe, Fluortelomeralkohole, endokrine Disruptoren und Nanomaterialen ein vieldiskutiertes Thema. Eine weitere große Session thematisierte aquatische Testverfahren in der Ökotoxikologie. Die Beiträge deckten das breite Spektrum von pflanzlichen und tierischen Testsystemen, sowohl im Laborbereich als auch im Freilandmesokosmosbereich, ab. In der Vortragssektion Sedimenttoxikologie wurden neu entwickelte Biotests mit Ephemeropteren zur Sedimentbewertung, das Vorkommen und die Wirkung von UV-Filtersubstanzen in Sedimenten und ein kombiniertes toxikologisches und hydraulische Untersuchungssystem für die Bewertung des Remobilisationsrisikos bei Hochwasserereignissen vorgestellt.

3 Vorträge

Sehr erfreulich war der große Anteil von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern, die ihre Forschungsergebnisse vorstellten. Zudem ist es auch dieses Jahr wieder gelungen, Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer aus den Bereichen Universität, Behörde und Industrie zusammenzuführen. Dies zeigte sich auch bei den Plenarvortragenden; es konnten ausgezeichnete Rednerinnen und Redner aus Deutschland und Österreich gewonnen werden.

Den Eröffnungsvortrag hielt Prof. Kai Uwe Totsche von der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu dem Thema biogeochemische Grenzflächen in Böden. Nach einem fundierten Überblick über die Aufgaben und die Bedeutung und Gefährdung von Böden und biogeochemischen Grenzflächen stellte Prof. Totsche das DFG-Projekt SPP 1315 mit aktuellen Ergebnissen vor.

Ein zweiter Plenarvortrag widmete sich dem Thema der Risikobewertung von Nanomaterialien. Frau Magister Renate Paumann vom Lebensministerium in Wien legte anschaulich den aktuellen Stand der Risikobewertung und des Managements von Nanomaterialien dar. Sie gab einen Überblick, wie Nanomaterialien in die aktuelle Gesetzgebung eingebunden sind und einen Ausblick auf die laufenden Arbeiten verschiedener Arbeitsgruppen auf unterschiedlichen Ebenen (EU und OECD).

Dr. Friedrich Dechet vom Industrieverband Agrar e. V. Frankfurt referierte über die neue Pflanzenschutzregulierung der EU. Er stellte die revidierte EU-Richtlinie 91/414 vor und zeigte vor allem die Neuerungen gegenüber der bisherigen Richtlinie auf. Im Vordergrund standen dabei die gefahrenbasierten Cut-off-Kriterien und deren Auswirkungen auf die Landwirtschaft aus Sicht der Industrie.

4 Diskussionsveranstaltungen

Die diesjährige Tagung war zusätzlich durch zwei große Diskussionsveranstaltungen geprägt. Der fachliche Teil des ersten Tagungstages wurde mit einer Podiumsdiskussion abgeschlossen. Prof. Huber von der TU München leitete die angeregte Diskussion über die Nachwuchssituation in der Ökotoxikologie – Ausbildung – Anforderungen seitens potenzieller Arbeitgeber. Prof. Künast (BASF), Dr. Riffel (Rifcon), Prof. Ratte (Postgradualstudium Ökotoxikologie der GDCh/SETAC), Dr. Roß-Nickoll (RWTH Aachen, Masterstudiengang Ökotoxikologie) und Dr. Stock (Umweltbundesamt) diskutierten kontrovers unter anderem über die Notwendigkeit eines eigenen Masterstudiengangs Ökotoxikologie. Viele, vor allem junge Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer, nutzen die Gelegenheit, sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen.

Anschließend konnten die Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer den ersten Tagungstag bei gutem italienischen Essen und Weihenstephaner Bier gemeinsam ausklingen lassen. Die Jazzgruppe des Hochschulorchesters der TU München sorgte zunächst für musikalische Untermalung und zu späterer Stunde animierte ein DJ viele zum ausgelassenen Tanzen.

Nach der Mittagspause am Dienstag fand ein runder Tisch unter Moderation von Prof. Hollert (RWTH Aachen) zur Fördersituation in der ökotoxikologischen Forschung im deutschsprachigen Raum statt. Prof. Braunbeck (Uni Heidelberg), Dr. Caspers (Currenta), Prof. Eisenträger (Umweltbundesamt), Dr. Hempel (DBU), Dr. Knacker (ECT) und Prof. Schäffer (RWTH Aachen und Vertreter der Initiative Umweltforschender Hochschulen, UfoH; vgl. Schäffer et al. 2009) konnten für die Diskussion gewonnen werden. Nach einem Bericht über den Status quo der Fördersituation wurden in einer ersten Diskussionsrunde die Stärken und Schwächen der Fördersituation der Ökotoxikologie besprochen. Es zeigte sich, dass trotz des großen Nachwuchsmangels und wichtiger Forschungsfragen in der Ökotoxikologie derzeit die großen öffentlichen Forschungsförderer (wie DFG, BMBF und DBU) nur wenige Forschungsprojekte in der Ökotoxikologie fördern. Diese verringerte Forschungsaktivität spiegele sich bereits in verringerten internationalen Publikationsaktivitäten deutscher Autoren wider (Lammel et al. 2009). Als großes Problem wurde gesehen, dass ökotoxikologische Projekte für das BMBF oft zu grundlagenorientiert, aber für die DFG zu anwendungsorientiert seien. Die DBU hat derzeit keinen Schwerpunkt in der Ökotoxikologie, aber das Stipendienprogramm steht auch für ökotoxikologische Promotionsvorhaben prinzipiell zur Verfügung. Im Gegensatz zu der zurückgegangenen Forschungsförderung durch die öffentliche Hand fördert die Industrie derzeit zahlreiche Forschungsprojekte, was bei der Podiumsdiskussion aber auch durchaus kritisch gesehen wurde. Vielmehr dürfe sich die öffentliche Hand aufgrund der großen Relevanz ökotoxikologischer Fragestellerungen keineswegs aus der Forschungsförderung zurückziehen. Im weiteren Verlauf wurden die wichtigen Felder ökotoxikologischer Förderung identifiziert und die Frage besprochen, wie eine nachhaltige Förderung der Ökotoxikologie im deutschsprachigen Raum gewährleistet werden kann. In der nächsten Ausgabe von UWSF werden eine umfassende Darstellung der Podiumsdiskussion und auch die notwendigen Schritte zur Verbesserung der Forschungsförderung publiziert.

Der zweite Tagungstag wurde am Abend im Weihenstephaner Bräustüberl bei Spanferkel und G’stanzeln bayrisch beendet. Hubert Mittermeier begeisterte mit seiner Frau durch seine spontan gereimten G’stanzl auf manche Teilnehmerinnen und Teilnehmer und sorgte so mit für einen gelungenen Abend.

5 Nachwuchspreisträger 2009

Am letzten Tag der Tagung hatten die diesjährigen Nachwuchspreisträger die Gelegenheit, in eindrucksvollen Vorträgen ihre Forschungsarbeiten vorzustellen und ihre Preise aus den Händen der SETAC-GLB-Präsidentin Dr. Martina Roß-Nickoll entgegenzunehmen. Den Preis für die beste Dissertation mit dem Thema „The role of intermediate degradation products for the assessment of persistent organic pollutants in a global multi-media model“ erhielt Urs Schenker von der ETH Zürich. Den Nachwuchspreis 2009 für die beste Diplomarbeit konnte Jens Otte für seine Arbeit „Cytochrome P450 in frühen Lebensstadien des Zebrabärblings“ entgegennehmen, die er am Zoologischen Institut der Universität Heidelberg angefertigt hat.

Eine mittlerweile schon etablierte schöne Tradition ist die Prämierung der besten Vorträge und Posterbeiträge in der Abschlussveranstaltung, die während der Tagung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern gehalten bzw. gezeigt worden sind. Die Bestimmung der Preisträgerinnen und Preisträger erfolgte durch die Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer selbst.

Den Titel bester Vortrag erhielt Maren Heß, Goethe-Universität Frankfurt a. M., mit dem Thema „Ephemera danica – ein geeigneter Testorganismus für die Bewertung von Sedimenten?“

Drei Vorträge erhielten die gleiche Punktzahl und erhielten so gemeinsam den zweiten Platz:

  • „Welchen Einfluss haben Parasiten auf die Verwendung von Biomarkern in ökotoxikologischen Untersuchungen mit aquatischen Organismen?“ von Sabrina Frank, Universität Duisburg/Essen,

  • „Establishment of a bioassay with mayfly larvae for ecotoxicological chemical testing and sediment characterization“ von Carolin Völker, Goethe-Universität Frankfurt a. M., und

  • „Verteilung von verschiedenen Fluoreszenzfarbstoffen im Ei und im Embryo von Danio rerio“ von Britta von der Goltz, Universität Heidelberg.

Über den Gewinn der Posterpreise freuten sich Agnes Sieratowicz, Goethe-Universität Frankfurt a. M., mit dem Thema „Entwicklung eines Standardtests mit Mollusken für Endokrine Disruptoren und andere Umweltchemikalien“ und auf dem 2. Platz: Britta Riedel, TU München, mit dem Thema „Die ökotoxikologische Bewertung der Auswirkung einer Kombinationsapplikation auf die aquatische Biozönose (mit Schwerpunkt Makroinvertebraten) in einem Freilandmesokosmos.“

Literatur

  • Feifel S, Walk W, Wursthorn S (2010) Die Ökobilanz im Spannungsfeld zwischen Exaktheit, Durchführbarkeit und Kommunizierbarkeit. Umweltwiss Schadst Forsch 22:46–55

    Google Scholar 

  • Lammel G, Scheringer M, Fischer K (2009) Umweltchemie und Ökotoxikologie in Deutschland – Entwicklungstrends des Faches gemessen an der Publikationsaktivität. Umweltwiss Schadst Forsch 21:407–411

    Article  Google Scholar 

  • Schaeffer A, Hollert H, Ratte HT, Roß-Nickoll M, Filser J, Matthies M, Oehlmann J, Scheringer M, Schulz R, Seitz A (2009) An indispensable asset at risk: merits and needs of chemicals-related environmental sciences. Environ Sci Pollut Res 16:410–413

    Article  CAS  Google Scholar 

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Danksagungen

Der Erfolg der Tagung war durch die Vortragenden, Posterbeitragenden und Diskussionsteilnehmerinnen und Diskussionsteilnehmer möglich, durch das große Engagement und die Unterstützung der Mitglieder des Wissenschaftlichen Komitees PD Dr. Jan Ahlers (Umweltbundesamt, Dessau), Rabea Christmann (TU München), Dr. Ursula Dawo (TU München), Dr. Peter Ebke (Mesocosm GmbH, Homberg (Ohm), Dr. Ute Feiler (Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz), Prof. Jürgen Geist (TU München), Prof. Henner Hollert (RWTH Aachen), Dr. Udo Hommen (IME Schmallenberg), Prof. Wilfried Huber (TU München), Dr. Katja Knauer (Bundesamt für Landwirtschaft, Bern), Dr. Silvia Mohr (Umweltbundesamt Berlin), Dr. Matthias Oetken (Universität Frankfurt am Main), Karla Peters (TU München), Dr. Martina Roß-Nickoll (RWTH Aachen), Prof. K.-W. Schramm (Helmholtz Zentrum München), Dr. Joachim Zieris (TU München) sowie des Organisationsteams mit den studentischen Helferinnen und Helfern vor Ort.

Unterstützt wurde die 14. SETAC GLB Jahrestagung durch die folgenden Institutionen, ohne deren Hilfe die Tagung in dieser Form nicht hätte durchgeführt werden können: Brauerei Weihenstephan, Dr. Knoell Consult GmbH, ECT Oekotoxikologie GmbH und LemnaTec.

Insbesondere möchten wir den Sustaining Members des SETAC GLB danken, durch die eine sehr gute Planungsgrundlage für alle Aktivitäten des Vereines ermöglicht worden ist:

• IBACON,

• Oekotoxzentrum Eawag/EPFL,

• RLP AgroScience GmbH,

• SCC, Scientific Consulting Company Chemisch-Wissenschaftliche Beratung GmbH,

• Syngenta Agro GmbH und

• Umweltbundesamt.

Großer Dank geht auch an den Verband der Chemischen Industrie e. V. Der VCI hat sowohl Reisekostenzuschuss für zahlreiche Nachwuchswissenschaftler aus dem Ausland als auch den Nachwuchspreisträger der besten Doktorarbeit 2009 finanziert.

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Dawo, U., Huber, W., Hollert, H. et al. 14. SETAC GLB Jahrestagung an der TU München in Weihenstephan. Environ Sci Eur 22, 162–164 (2010). https://doi.org/10.1007/s12302-010-0118-5

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